Lenin-Orchester Hamburg

Über das Lenin-Orchester ist unseren Quellen zufolge bislang wenig geschrieben worden. Traude Ebert erwähnt das Ensemble als Vergleichbares Projekt wie das „Lichtenberger Propaganda-Orchester“, dem sie sich ausführlicher widmet. Im Wesentlichen gibt sie lediglich eine Information aus der „Arbeiter Illustrierten Zeitung“ (AIZ) aus dem Jahr 1931 (Nr. 3, S. 58). Inge Lammel macht es ihr 1984 ungefähr gleich. Sie gibt nur als Quelle neben der AIZ auch „Die rote Fahne“ vom 23.4.1932 an.

Wir können die Informationen durch die Daten, die uns Werner Hinze von seinen Recherchen überlassen hat ein wenig erweitern. Das sind in erster Linie Auszüge aus der Hamburger Volkszeitung (HVZ), dem „Organ der KPD für den Bezirk Wasserkante“.

In der Sonnabendausgabe vom 25. Oktober 1930 wird von der Veranstaltung „Die Geschichte hat uns rechtgegeben“ der KPD in den Sälen von Sagebiel, einem Veranstaltungsort in Hamburg. Das Orchester spielt dort erstmals zum Auftritt der Parteigrößen Thälmann, Schubert und Remmele (KJDV) neben der Agitproptrupp „Rote Kolonne“ und einem „Proletarischen Blasorchester, das namentlich nicht weiter erwähn wird. Zum Auftritt schreibe die HVZ:

„Das Lenin-Orchester, bestehend aus über 50 Musikern die sich dankenswerter Weise der RGO zur Verfügung stellten, spielte musterhaft ‚Lenins Lieblingslied’ und mit hinreißendem Schwung die ‚Robbespierre Ouvertüre’. Der ungeheure Beifall veranlaßte das Orchester zu Wiederholungen. Das Lenin-Orchester hat sich bei seinem ersten Auftreten in Hamburg die stärksten Sympathien erworben. Wir sprechen einen Wunsch aller Teilnehmer der gestrigen Riesenversammlung aus, wenn wir erwarten, daß das Lenin-Orchester in Zukunft auf keiner großen Veranstaltung des Hamburger revolutionären Proletariats fehlen wird. Nach aufpeitschenden Rezitationen [gesp] von W. Gußmann spielte die „Rote Kolonne“. Der Oktober-Sprechchor mit seinem feierlichen Ausklang hatte eine nachhaltige Wirkung auf die Versammelten. Die Kolonne spielte dann noch das Stück von der Gründung einer Kollektivwirtschaft in der Sowjetunion und des großen Beifalls wegen dem Sketsch von der bürgerlichen Presse. (...)“

Am 31. Oktober 1930 wird anlässlich einer Solidaritätskundgebung der IAH und RGO als Dirigent Reher genannt (ebenfalls bei Sagebiel). Es folgen Notizen unterschiedlicher Größe über Auftritt bis zum 19. Dezember 1932 bei Wucherpfennig (Barmbek), Conventgarten und immer wieder Sagebiel

Mit dabei sind „Das Proletarische Blasorchester Freiheit von 1926“ (20.+29.11.30 und 19.12.32), die Rote Kolonne, die Nieter, der Altonaer Männer- und Frauenchor (20.11.30), das „Kollektiv Hamburger Schauspieler“ (13.12.32), die Agitproptruppe des KJVD-Altona (20.11.30), Erich Weinert (21.+24.11.30), eine Tanzgruppe - Bewegungschor (13.12.32), Arbeiter-Artisten (13.12.32),

Am 17. Oktober 1932 wird zusätzlich der Organist Stevanowitz erwähnt

Am Freitag den 8. Dezember 1932 wird anlässlich einer Veranstaltung im großen Saal bei Sagebiel wird über das Programm gesagt: „Werke geschichtlicher Vergangenheit und neue proletarische Lieder. Vervollständigt wird das Programm durch einige vom Konzertmeister vorgetragene Violin-Soli“

Veranstalter sind: KPD, IAH, RGO, „Bund der Freunde der Sowjetunion“ (8.12.32), Arbeiter-Kunst- und Kulturvereinigung (13.12.32). Die Rote Hilfe,

Den Notizen der HVZ zufolge fand die letzte Veranstaltung des hier als „Großes Lenin-Orchester“ titulierten Ensembles anlässlich der „Winterhilfkundgebung der Roten Hilfe“ im großen Saal des Conventgartens am 21.12.1932 statt. (zusammen mit dem Kollektiv Hamburger Schauspieler und der RH-Pioniere; die Ansprache machte Gundelach)



AIZ   = Arbeiter Illustrierten Zeitung
HVZ   = Hamburger Volkszeitung „Organ der KPD für den Bezirk Wasserkante“.
IAH   = Internationale Arbeiterhilfe
KJVD  = Kommunistischer Jugendverband Deutschlands (ab 1925)
KPD   = Kommunistische Partei Deutschlands
RGO   = Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition/Organisation
RH   = Rote Hilfe



Literatur
Traude Ebert, Das Verhältnis der Arbeiterklasse zur Instrumentalmusik, dargestellt bis zum Jahre 1933. Dissertation. Berlin (DDR), 1971.
Werner Hinze, Schalmeienklänge im Fackelschein, Hamburg 2002
Inge Lammel, Arbeitermusikkultur in Deutschland 1844-1945, Leipzig 1984,


Quellen:
Hamburger Volkszeitung (HVZ)


Die obige Darstellung ist ein erster Versuch (21.9.2019), die Geschichte des Orchester aufzuzeichnen. Überarbeitungen werden folgen.





Siehe auch:

Instrumentalmusik im politischen Kampf
Eduard Soermus (der rote Geiger) und die Hamburger Nachahmer;




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