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Arbeiterliedarchiv
Lancken
im e.V.
Musik von unten
Die Gedanken sind frei

1.
Die Gedanken sind frei! Wer kann sie erraten!
Sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen
Mit Pulver und Blei. Die Gedanken sind frei!

2.
Ich denke, was ich will und was mich beglücket,
Doch alles in der Still’ und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwehren,
Es bleibet dabei: die Gedanken sind frei!

3.
Und sperrt man mich ein im finsteren Kerker,
Das alles sind rein vergebliche Werke;
Denn meine Gedanken, die reißen die Schranken
Und Mauern entzwei: die Gedanken sind frei!



Der Kommentar wird in Kürze fortgesetzt!

Werner Hinze, 5. Mai 2021



Andere Titel: 
Text: unbekannt,
Melodie: unbekannt,

Noten:
Vorlage:
Kategorie:
Zeit: unbekannt, 1780-1800,
Geschichte / Kommentar: 

Den Ursprung dieses Liedes, das bei der Gründung des deutschen Volksliedarchivs in Freiburg (DVA) die Signatur A 1 erhielt, liegt noch im Dunkeln. Die Gruppe Fidel Michel meinte es wäre in einem Schweizer Gefängnis entstanden, gibt aber ihre Quelle nicht an. Als erste Spuren seiner Geschichte lassen sich Fliegende Blätter ausmachen, die zwischen 1780-1800 gedruckt wurden. Der richtungsgebende Sammler des demokratischen Liedgutes, Wolfgang Steinitz, kennt einen ersten Druck in einer Liedersammlung aus den Jahren zwischen 1810 und 1820 aus der Schweiz Einige Quellen deuten auf Süddeutschland als Entstehungsgebiet hin (EB III, S. 576). Dass das Lied von 1830-1845 von der Zensur verboten wurde ist nur eine Hypothese von Steinitz der er nicht näher nachgegangen ist.

In Liederbüchern (auch in den modernen) sind entweder vier oder fünf Strophen abgedruckt. Sie differieren lediglich in der Angabe der Quellen (es handelt sich vermutlich nur um Liederbücher von denen abgeschrieben wurde). So finden wir häufig eine vierte entpolitisierende Strophe

„Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen“

so wie ab und zu noch eine fünfte, die den Sinn des Liedes völlig verschwinden läßt

„Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allem“.

Da diese Strophe früher häufig an erster Stelle stand vermutet Steinitz sie sei vielleicht von den Druckern davor gesetzt worden, um so das Lied durch die Zensur zu bringen.

Als Überlieferer und Träger des Liedes werden Handwerksburschen vermutet, die seinerzeit Verbreiter demokratischen Gedankenguts waren und gern und viel gesungen haben. Seit der Herausgabe von Liederbüchern der organisierten Arbeiterbewegung ist das Lied meistens von ihnen übernommen worden.

Während die Deutschen nach den Schrecken des 2. Weltkrieges ihre Sprache verloren hatten und die Jugend aufgrund der Schuld eines großen Teils ihrer Väter ihre traditionellen Lieder nicht mehr singen mochten, fand das Lied zur Gedankenfreiheit seinen Weg in die amerikanische „civil rights“-Bewegung der 1960 Jahre. Arthur Kevess übertrug den Text ins Englische mit deutschen Fragmenten, die von Sängern wie Frank Schildt (1960) und Pete Seeger gesungen wurden:

1, Die Gedanken sind frei, my thoughts freely flower,
Die Gedanken sind frei, my thoughts give me power,
No scholar can map them, no hunter can trap them,
No man can deny, die Gedanken sind frei.

2. So I think as I please and this gives me pleasure,
My conscience decrees this right I must treasure;
Ma thoughts will not cater to duke or dictator,
No man can deny, die Gedanken sind frei.

3. And if tyrants take me and throw me in prison,
My thoughts will burst free like blossoms in season,
Foundations will crumble, the structure will tumble
And free men will cry - - Die Gedanken sind frei.

Dass die Freiheit der Gedanken durch Verfassungsschutz einerseits und technische Entwicklung andererseits nicht mehr garantiert ist, war die nicht ganz unberechtigte Angst der politischen Bewegungen der 1970/80er Jahre.

Da hieß es beispielsweise von Buhmann-Häseler nach Olaf Cless von einem Tonbandmitschnitt notiertem Text: [aus rechtlichen Gründen nur eine Inhaltsangabe:]
Selbst wenn man sich ein seine vier Wände einsperren würde, wäre das „Schnüfflerlatein“ der abhörenden Behörden (damals waren noch keine politisch Andersdenkende gemeint) wäre da noch nicht am Ende. Ihre Wanzen bekommen alles mit.


Quelle:
Ludwig Erk, Deutscher Liederhort, Berlin 1856, Nr. 160, S. 358f.
Ludwig Erk u. Franz Magnus Böhme, Deutscher Liederhort, Bd. 3, Leipzig 1925, Nr. 1803, S. 575ff.
Wolfgang Steinitz, Dt. Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, Berlin (Ost) 2 Bd. 2, 1962, Nr. 202, S. ;162ff.
Annemarie Stern, Lieder gegen den Tritt. Politische Lieder aus fünf Jahrhunderten, Oberhausen, 1978 (4. Aufl., 16.-20. Tsd.), S. 65f.
Heide Buhmann, Hanspeter Haeseler, Das kleine dicke Liederbuch, Darmstadt 1981 (2. Aufl.), S. 764f.  


Tonbeispiele:
Liederjan
Frank Schild, Songs of Love, Play and Protest (Folkways Records FW 8774)
Pete Seeger, Folkpeople (Vintage F 50006)

 
 
 
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