Landagitationsmarsch
Im Osten glüht der junge Tag
und Morgenlüste wehen,
von Lerchensang und Wachtelschlag
klingt’s über Thal und Höhen.
Da ziehn wir aus mit frohem Schall,
das goldne Licht zu grüßen,
Und fernhin schwingt der Widerhall
sich über Feld und Wiesen:
Schlaft nur, schlaft nur, ihr
Mächt’gen dieser Welt;
Laßt uns der Zukunft Sorgen!
:,: Wir Sozialisten zien in’s Feld
und unser ist der Morgen. :,:
Und mit uns rücken treulich aus
Der Wahrheit schnelle Boten:
In jede Hütte, jedes Haus
Flugblätter von den „Rothen!“
In’s Mannesherz das freie Wort,
dem Elend Hoffnungskunde!
So pflanzt sich unser Schlachtruf fort
Und schallt von Mund zu Munde:
Schlaft nur, schlaft nur, ihr
Mächt’gen dieser Welt;
Laßt uns der Zukunft Sorgen!
:,: Wir Sozialisten zien in’s Feld
und unser ist der Morgen. :,:
Und ob ihr auch die Wahrheit hetzt
mit Knütteln und mit Hunden,
so hat sie doch zu guter Letzt
den Weg zum Volk gefunden.
Wo kräft’ger Arm die Pflugschar
führt,
da keimt und sprosst der Segen,
wo nerv’ge Faust den Hammer rührt,
da dröhnt’s mit wucht’gen
Schlägen:
Schlaft nur, schlaft nur, ihr
Mächt’gen dieser Welt;
Laßt uns der Zukunft Sorgen!
:,: Wir Sozialisten zien in’s Feld
und unser ist der Morgen. :,:
Geschichte / Kommentar:
Das Lied (der Landagitationsmarsch) ist
überliefert aus dem Sozialdemokratischen Liederbuch von Max Kegel
1897. Geschrieben wurde es von Hunold und die Melodie wurde von C.
Gramm (im „Freien Sänger“ H 70/71) geschrieben.
1908 liegt eine veränderte Fassung in dem
Liederbuch „Der freie Turner“ vor. Dort heißt es im
Refrain
„Wir Freien
Turner ziehn in's Feld und unser ist
der Morgen.“
Ab 1922 ist das Lied mit dem Titel „Der
Freiheit Morgenrot“ in kommunistischen Liederbüchern mit
einer wesentlichen Änderung übernommen. So lautete die letzte
Zeile des Refrains nun:
„Die junge Garde zieht ins Feld und ihr gehört der
Morgen“.
Als Komponist einer veränderten Melodie ist
in den Liederbüchern ab 1922 Siegfried Frey angegeben. Inge Lammel
(„Lieder der Arbeiterjugend“ Nr. 3), vermutet allerdings,
dass es Rosebery d’Arguto gewesen sei, allerdings gibt sie keine
wirkliche Begründung für diese Vermutung, so heißt es
nur: „Weise: vermutlich Rosebery d'Arguto“ (In der Ausgabe
unseres Heftes wurde das bereits per Hand durchgestrichen und
drüber geschrieben: Siegfried Frey.
Die Benennung „junge Garde“ in der
Variante der kommunistischen Liederbücher deutet darauf hin, dass
das Lied in erster Linie ein Lied der Jugend geworden war.
Laut unserer Quellen fand das Lied in der Fassung
der KPD-Liederbücher spätestens 1928/29 Eingang in die
SPD-Liederbücher von Albrecht (besonders Beachtenswert
natürlich die Zeile mit der „Jungen Garde“.
(Eine banale Änderung fand sich in der 4 bzw.
8. Zeiche - je nach Aufteilung - wo es statt „wo starke Faust den
Hammer“ heißt „wo fest
die Faust den Hammer rührt
… (SPD 1928/29). Bedeutender sicherliche die erweiterung um eine
vierte Strophe:
Des jungen Morgens Frührotschein
hat uns das Ziel gerichtet,
wir wollen freie Menschen sein,
die Knechtschaft sei vernichtet,
zersprengt des Mammons finstre Macht,
zersprengt die Sklavenketten,
daß wir uns aus des Elends Macht
zum lichten Tag erretten:
Refrain:
Schlaft nur ihr Mächtigen der Welt
und laßt dem Volks die Sorgen,
:,: als Sieger ziehn wir einst ins Feld
umglüht vom Freiheitsmorgen. :,:
Quellen:
Max Kegel’s Sozialdemokr. Ldb, (8. Aufl.),
Stuttgart, 1897, S. 31f.
Sport-, Turner-Liederbuch
Liederbuch. Der freie Turner. Mit in den Text
eingedruckten Singnoten, Leipzig 1923, Arbeiter-Turnverlag A.-G.,
Leipzig, Nr. 169, S. 236ff.
Bundes-Liederbuch des Arbeiter Turn- und
Sportbundes, Bearbeitet von W. Riedel und R. Koppisch, Leip-zig 1928,
Hrsgg vom Arbeiter-Turm-Verlag a.-G. Leipzig S 3, Fichtestraße 36
[mit Noten], S. 36f.
Fichte Liederbuch ca. 1930, Nr. 17.
Liederbücher von KPD, KJVD und RFB
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1922, S. 9;
Kampflieder, KPD und KJ, VIVA, 1923, Nr. 24, S.
50;
Kampflieder, VIVA, 1923, Nr. , Nr. 24; S. 50;
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1924, 21.
bis 30. Tausend, Verlag „Junge Garde“ Berlin O 17, S. 17;
Rot Front. Neues Kampf-Liederbuch, Berlin 1925,
Nr. 18, S. 28f.
Zum roten Sturm voran. Kampfliederbuch, Berlin
1926, Nr. 18, S. 28f.
Rot Front. Das neue Liederbuch mit Noten, 1927
(Verlag Junge Garde, Berlin), S. 27;
Front Kämpfer Liederbuch, 21.-40. Tausend,
Berlin 1928/29, S. 14;
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1928, S.
37,
Arbeiter-Lieder (ca. 1929), Eine Sammlung
proletarischer Kampflieder, Wander-, Volks- und heiterer Lieder.
– Wien: Grünberg, 94 S. [Lammel, Biblio. Nr. 4040, S. 67
[wie Nr. 359 ] S. 26;
Arbeiter-Lieder (ca. 1930), KJVD, Verlag Junge
Garde: Hermann Remmele, Berlin, S. 26;
SPD 1918-33
August Albrecht, Arbeiter- und
Freiheits-Liederbuch (Arbeiterjugend-Verlag), Berlin 1928. S: 32;
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1929,
Hrsg. Verband der Arbeiterjugend-Verein Deutschlands S. 33;
spätere Zusammenfassungen
Inge Lammel, Lieder der Arbeiterjugend. Das Lied
– im Kampf geboren heft 5, Leipzig 1960, Nr. 3, S. 12: