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Proletarisches Selbstschutzlied (Teil 3)

Wie es bei so einem Lied dann üblich ist, wurden diesem Couplets weitere Zeilen angehängt. Darunter auch die Frage von einem vermutlich Berliner: „Wer weiß wann wir uns wiedersehn, am grünen Strand der Spree“.

Noten 2: Refrain mit „Wer weiß, wann wir und wiedersehn …“

Somit wird sich Steinitz’ Hoffnung, dass es sich nicht um ein Soldatenlied handelt, vermutlich enttäuscht, denn dieser Teil war dadurch zu einem Soldatenlied geworden. Und die zeitliche Nähe zu den Erfahrungen im Ersten Weltkrieg dürfte die naheliegendste Antwort – zu mindest auf die Beliebtheit des Liedes - sein.

Und auch das Radetzky-Lied, dass von einer Gruppe der Jugendbewegung 1914 in Österreich eingeführt worden war, wurde später in der österreichischen Armee gesungen und auch in das österreichische Soldatenliederbuch (B. Paumgarner, Österr. Soldatenlieder II [nicht 1! – W. St.], 1917, S. 3; III, 1917, S. 28) aufgenommen wurde.

Aber trotzdem wollen wir noch einer weiteren Spur folgen.


„Ich schieß den Hirsch“ (1848)
Ein weiteres Lied, in dem eine ähnliche Melodie vorhanden ist, ist das Lied „Ich schieß den Hirsch“ [Hier nach Boehme]. Dazu lesen wir bei Franz Magnus Böhme:

„Das Lied mit dieser Melodie fand ich zuerst in Jul. Schanz und Parucker, Deutsches Liederbuch. Leipzig 1848. S. 321, überschrieben Siebenbürgisches Volkslied, vom Text blos 4 Str., mit den unten stehenden Varianten. Ebenso (aber nur mit dem 3 ersten Strophen) sieht es dann in Serigs Auswahl 7. Aufl.Leipzig 1850 und so bis heute in allen Commers- und Taschenliederbüchern. Hoffmann hat es nicht angeführt. Erk kannte es blos aus Schanzs Liederbuch und hat es für Männerchor 1854 gesetzt als siebenbürgisches Jägerlied (s. dessen Liedertafel Nr. 182). Wer Volkslieder und ihr Wesen kennt, mußte sofort bemerken, daß dieses in Sprache und Reim wie in Musik vollendete Lied nicht aus dem Volke stammt, sondern einen Kunstdichter voraussetzt. Und dieser ist – Franz v. Schober, ein österreichischer Dichter. Das wußte ich durch Freundes Mittheilung 1860 und wohnte damals der Dichter neben mir in Dresden. Ich fand den Text in seinen Gedichten, Stuttgart und Tübingen 1840, wie oben und wie ihn schon Franz Schubert als op. 96 Nr. 2 vor 1828 komponirt hat. Wer die neue volksthümliche Weise komponirt hat, ist mir nicht bekannt, vermuthlich ist sie in Studentenkreisen entstanden.“

Böhme räumt also mit dem Irrtum bei der Herkunft des Textes auf, die für uns wichtige Herkunft der Melodie bleibt aber im Dunkeln. Festzuhalten bleibt lediglich, dass das Lied mindestens bis in die Zeit der Weimarer Republik in vielen Liederbüchern enthalten war. Ob sich daraus eine Verbindung herleiten lässt, scheint eher fragwürdig, doch der Vollständigkeit halber sei es hier mit erwähnt.


Übernahme in die Liederbücher der KPD
Das Orgesch-Lied steht erstmals in dem Liederbuch „Mit Gesang wird gekämpft“ von 1924 (Verlag Junge Garde) mit drei Strophen (siehe oben), nicht wie Wolfgang Steinitz meint, „in der Sammlung Rote Gedichte und Lieder (Berlin, Neuer Deutscher Verlag, 1924. 80 S.). Gezielt eingesetzt wurde es erst ab 1925 mit dem Liederbuch „Rot Front“, was folgendermaßen begründet wurde:

„In den Anhang haben wir einige Lieder verwiesen, die künstlerisch nicht gerade wertvoll sind, sich aber durch den Mund des revolutionären Proletariats ihr Lebensrecht ertrotzt haben.“

Steinitz formuliert dieses Ereignis folgendermaßen:

„Hier wird von den Herausgebern klar gesagt, daß diese Lieder sich von unten her, durch ihre elementare Beliebtheit in der Arbeiterbewegung, ihre Aufnahme in die Liederbücher erzwungen haben. Wie mit Fritz Schälike, heute Direktor des Dietz-Verlages, damals Leiter des Verlages ‚Junge Garde’ (der auch Liederbücher herausgab), mitteilte, gingen der Aufnahme dieser Lieder in die Liederbücher lange Diskussionen voraus, ‚Ich erinnere mich, daß es eine Zeit lang gewisse Bedenken gab, einige damals von den Massen gern gesungene Lieder in unsere Liederbücher aufzunehmen, weil die Meinung vertreten wurde, sie hätten nicht jenes künstlerische Niveau, um ihnen durch Aufnahme in unsere Liederbücher weitere Verbreitung zu geben.’ Die Vertreter des ästhetischen Standpunkts mußten schließlich nachgeben. Einige revolutionäre Arbeitervolkslieder (z. B. ‚Im Ruhrgebiet, da liegt ein Städtchen’ [Nr. 284], ‚Da starb im Kampf für Recht und Brot’ [Nr. 288], ‚Für Recht und Freiheit sitz ich gefangen’ [Nr. 290] haben jedoch in Deutschland niemals Eingang in ein gedrucktes Liederbuch gefunden.“ (Siehe dazu auch Werner Hinze, Die Schalmei. Schriften des Fritz-Hüser-Instituts für Arbeiterliteratur, Essen 2003, S. 149f.)

Dabei handelte es sich um die folgenden Lieder, die von Steinitz als „folklorisierte Arbeiterlieder“ bezeichneten wurden (Steinitz, Bd. 2, Berlin 1962, S. XXII.):
:
47. Auf, junger Tambour, schlage ein  (S. 75)
48. Auf, auf, zum Kampf, zum Kampf  (S. 75)
49. Bei Leuna sind viele gefallen (S.. 76)
50. Es zog ein Rotgardist hinaus (S. 76-77)
51. Im Januar um Mitternacht (S. 77-78)
52. Wer will mit uns gegen die Orgesch ziehn (S. 78)


Varianten der Nationalsozialisten
Die Geschichte des Liedes zeigt, wie sich Lieder durch die Zeit und Szenen weiterverbreiten und auch teilweise verändern (das ganze hat nichts mit „gestohlenen“ Liedern zu tun!) Es kann also gerade bei den ehemaligen Soldatenliedern nicht verwundert, dass es auch Fassungen und Varianten bei andern politischen Gruppen gab. Am nachvollziehbarsten waren das die Nazis. Wolfgang Steinitz vermerkt dazu: „Solange die Geschichte des Redetzky-Liedes und seine Verbreitung in der deutschen Armee und den rechten nationalistischen Verbänden nach 1918 nicht geklärt ist, möchte ich in bezug auf die Abhängigkeit des Naziliedes von dem Arbeiterlied zurückhalten sein.“ (Bd. II, S. 525) Außerdem verweist er auf John Meier und Erich Seemann, Lesebuch des deutschen Volksliedes, I, 1937, S. 150, nach dem SA-Liederbuch von 1933.

Wir wollen an dieser Stelle drei Texte abdrucken und uns ansonsten auch damit zurückhalten:

Wer will mit uns zum Kampfe ziehn* (1)
Volksweise

1. :,: Wer will mit uns zum Kampfe ziehn,
wenn Hitler kommandiert :,:
Ja, da heißt es aufmarschieren,
der Hitler soll uns führen.
Legt an! Gebt Feuer und ladet schnell!
Weich’ keiner von der Stell’ (ja von der Stell).
Straße frei! Gebt Feuer und ladet schnell,
wie keiner von der Stell!

2. In München war die erste Schlacht
Von unserm braunen Heer.
Wer weiß, wann wohl die zweite Schlacht
uns ruft an das Gewehr.
Refrain.

3. :,: Dem Adolf Hitler dreimal Heil
Und seinem braunen Heer! :,:

(Aus: Hans Bajer, Was der Deutsche singt. Deutsche Kampf- und Freiheitslieder und andere, Nationaler Schallplatten-Dienst GmbH, Berlin W 35, 1932)

1   * Mündlich überliefert. Auf Schallplatte erschienen. Bestell. Nr.:: 113
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