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Von all unsern Kameraden
 Besprechung (2)
Wir stehen an deinem Grabe
in tiefer Trauernacht
und schwenken die blutrote Fahne
über solch einen tapferen Kamerad.

Das Soldatenkampflied vom kleinen Trompeter gehörte zu den Frontkämpferliedern. Aufgrund seiner späteren Entstehung war es nicht Bestandteil der Diskussion um die von Steinitz als „Arbeitervolkslieder“ titulierten  sechs Lieder, die sich im Anhang des Liederbuches „Rot Front“ von 1925 [siehe dort]. Aber ab 1927 war es in den meisten Liederbüchern enthalten. Es gelangte geradezu zu einer gewissen Berühmtheit in den Kreisen der Roten Frontkämpfer und deren Sympathisanten. Wie kaum ein anderes Lied konnte es den Opfermythos der KPD demonstrieren. Eine Tatsache, die während der Zeit der DDR noch ausgebaut und nahezu staatlich institutionalisiert wurde.


Der Mythos und die Opferrolle der KPD
Inge Lammel schrieb 1961 dass das Lied „zum Gedenken an den ermordeten Roten Frontkämpfer Fritz Weineck“ entstanden sei. Weineck sei anlässlich „einer Wahlkundgebung der KPD im Volkspark Halle“ ein „Opfer des Polizeiterrors“ geworden. 1980 schmückte sie die Geschichte noch etwas aus. Nun war der Hintergrund „wie fast alle vorangegangenen Arbeitervolkslieder“ ein „blutiges Ereignis“. Als die Ansprache der ausländischen Gäste „ins Deutsche übersetzt werden sollten, erklärte der anwesende Polizeioffizier die Versammlung für aufgelöst und ließ kurz darauf ziellos in die Menge der Versammelten schießen.“

Wolfgang Steinitz (S. 544) geht ebenfalls von einer Wahlkundgebung der KPD aus (die erste große ). Ebenfalls, das bei der Übersetzung der englischen und französischen Gäste „Polizeibeamte auf die Versammlungsteilnehmer“ eindrangen und „schlugen und schossen auf Befehl des Polizeikommandeurs Pietzker ziellos in die Menge“. Es habe „zahlreiche Verwundete und zwölf Todesopfer“ gefordert.

Die Web-Site „Harz-Saale-de“ spricht in einem Betrag vom 9. Dezember 2012 dagegen von einem Versammlungs-Saal, in den „durch einen Seiteneingang“ die „Schutzpolizei unter Führung des Leutnants Pietzer“ eindrang „um die Versammlung aufzulösen“. Während die „KPD Funktionäre versuchten die Menge zu beruhigen“, drang die Polizei „mit Gummiknüppeln in den Saal ein und Leutnant Pietzer gab mehr als 50 Schuss aus seiner Waffe auf die Menge ab“. Als dann auch noch „die Streben des Treppengeländers“ brachen, kamen 10 Personen ums Leben.

Nun ist die Verwirrung natürlich komplett. So hat sich nicht nur der Versammlungsort geändert, auch die Anzahl der Opfer ist eine andere und einmal schoss der Polizeileutnant ganz allein 50 Schuss ab und einmal waren es die Beamten, sie schossen. Wir haben also das ewige Dilemma zwischen Erinnerung von Zeitzeugen, ideologischer Eindeutigkeit und keiner einzigen überprüfbaren Quelle.

Es kann doch eigentlich nicht so schwer sein, die Situation zu rekonstruieren und die vermutlichen Gegensätzlichkeiten zu dokumentieren. Natürlich ist es auch unerlässlich, die historische Situation umfänglich darzustellen und die unterschiedlichen Vorstellungen aufzuarbeiten. Dass es im Vorfeld diverse putschistische Aktionen von Linkes und Rechts gegeben hat, ist natürlich ebenso wie die Analysen der Staatsmacht mit einzubeziehen. Bevor das nicht passiert ist, ist es sinnlos über das Ereignis abschließendes zu sagen.

In der DDR wurde das Lied und die vermeintliche Opferrolle ausführlich „gewürdigt“ und „Fritz“ Weineck Helden bis hin zum Märtyrer der kommunistischen Bewegung erhoben. Nach ihm wurden Schulen, Straßen und sogar eine Division der NVA benannt. 1958 wurde in Halle das Ufer der Saale von „Rive-Ufer“ (nach dem ehemaligen Oberbürgermeister) in „Weineck-Ufer umbenannt. Außerdem wurde dort ein Denkmal errichtet. Darüber hinaus wurde der „Held“ 1964 mit einem DEFA Film Das Lied vom Trompeter geehrt.

Dem Lied des kleinen Trompeters wurde vom FDGB1 wurde auch noch die folgende Strophe angehängt:

Du bist nicht vergeblich gefallen,
dein Werk haben wir nun vollbracht.
Wir bauten den Staat, der uns allen
die Freiheit und den Frieden gebracht.
Lasst stolz unserm Ruf drum erschallen:
Es lebe die Arbeitermacht.


1   FDGB war in der Deutschen Demokratischen Republik die Abkürzung für Freier Deutscher Gewerkschaftsbund. Wie alle Massenorganisationen in der DDR war auch der FDGB als Machtinstrument der SED straff und hierarchisch organisiert.



Quelle:

Die Liederbücher von KAPD, KPD, KJVD und RFB
Front Kämpfer Liederbuch, 21.-40. Tausend, Berlin 1928/29, Nr. 34, S. 22. (5 Str.) „Heimatlieder“
Mit Lenin. 50 Kampflieder, 21.-40. Tausend (ca. 1928/29), Nr. 34, S. 20 (5 Str.; „Heimatlieder“)
Mit Gesang wird gekämpft’!, Verlag Junge Garde, Verantwortl. Hermann Remmele, Berlin 1928, Nr. 59, S. 27 (5 Str. – „Heimatlieder“)
Arbeiter-Lieder (ca. 1929), Eine Sammlung proletarischer Kampflieder, Wander-, Volks- und heiterer Lieder. – Wien: Grünberg, 94 S. [Lammel, Biblio. Nr. 4040, S. 67 [wie Nr. 359 ] Nr. 42, S. 21 (5 Str./ Heimatliedern)
Arbeiter-Kampfliederbuch. (Paul Schmidt), Berlin Ca. 1930, S. 16 (5 Str./ „Freiheitsliedern“)
Arbeiter-Lieder (ca. 1930), KJVD, Verlag Junge Garde: Hermann Remmele, Berlin, Nr. 42, S. 21 (5 Str./ „Heimatliedern“)
Arbeiterlieder. Unter roten Fahnen. Kampflieder, ca. 1930 (Lammel Nr. 428), Nr. 17, S. 12


spätere Betrachtungen
Berger/Lammel, Lieder des RFB (Das Lied im Kampf geboren, Heft 8), Leipzig 1961, S. 41.
Wolfgang Steinitz, Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, Bd. 2, Berlin 1962, Nr. 287, S. 537-547.


Disco
100 Jahre Deutsches Arbeiterlied, Berlin o.J. [ca. 1979] Eterna 8 10 015-016
Hannes Wader singt Arbeiterlieder, Philips 6305 342/0016 (Aufgenommen 1-3. Juli 1977 in Recklinghausen)



 Von all unsern Kameraden (2)>